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Bericht über die IASA-Jahrestagung 2006

03. bis 04. November in Frankfurt am Main und Wiesbaden

Programm

Rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten der Einladung zur Jahrestagung 2006 der IASA-Ländergruppe Deutschland/Deutschschweiz e. V. Gemeinsame Gastgeber waren der Hessische Rundfunk in Frankfurt am Main und das Deutsche Rundfunkarchiv in Wiesbaden. Das örtliche Organisationskomitee hatte die Tagung rundum perfekt organisiert und sorgte – wie nicht anders zu erwarten - professionell und souverän für den reibungslosen Ablauf einer abwechslungsreichen Tagung, die auch unter kulinarischem Aspekt, überdies gesponsert von DRA und HR, nichts zu wünschen übrig ließ.

Am DRA-Standort Wiesbaden begrüßte zunächst Hans-Gerhard Stülb, Vorstand des Deutschen Rundfunkarchivs Potsdam und Wiesbaden, die Gäste. Er hob das große Interesse des DRA am Bestehen der IASA-Ländergruppe hervor und leitete zum Thema des Freitagvormittags unter Hinweis auf die Bedeutung des DRA „auch als Kompetenzzentrum für Restauration“ über.

Anke Leenings moderierte mit Unterstützung ihres Kollegen Clemens Schlenkrich die facettenreiche, informative und unterhaltsame Präsentation "Programmgeschichte Olympia 1936 – Von der Restauration zur Dokumentation". Dank des Vorhandenseins umfangreicher multimedialer Materialien zu den Olympischen Spielen vor 70 Jahren lässt sich der Umgang mit historischen Dokumenten verschiedenster Art hervorragend darstellen.

Mathias Helling führte in seinem ausgezeichneten Vortrag zunächst in die technischen Grundlagen der Restauration ein, beginnend mit der Hörprobe einer vom GEM-Phonographen abgespielten Wachswalze aus dem Jahr 1905 und Plattenbeispielen aus Gelatine, Aluminium, Schellack. Aus der Vielfalt an historischen Trägermaterialien und der Verschiedenartigkeit etwa von Nadeln für die Abtastung, bei fehlender Normierung der Systementzerrung entspringt nach Helling die Philosophie für die Restauration: „soviel wie nötig, so wenig wie möglich.“ Dass ein gewisses Grundrauschen zum Tonträger einfach dazugehöre, sei genauso zwingend wie die Notwendigkeit, immer wieder zu experimentieren und das eigene, geschulte Gehör einzusetzen.

Das DRA digitalisiert kontinuierlich seinen Bestand an Umschnittbändern und on demand (bei Bestellung durch ARD-Anstalten) Aufnahmen auf Originalträgern (z. B. Schellack). Aus einer lebhaften Diskussion mit den Zuhörern über Authentizität in der Musikaufnahme, den Willen des Künstlers und den Anspruch des jungen „digitalen“ Tonmeisters erwuchs die nach einhelliger Meinung wichtigste Forderung an alle in diesem Bereich tätigen jüngeren Techniker, immer wieder Konzerte zu besuchen und das eigene Gehör zu schulen.

Als erster von drei Referenten im Themenblock Dokumentation beleuchtete Friedrich Dethlefs die Rolle des Rundfunks und der Bildberichterstattung in der NS-Zeit. Mit den Olympischen Spiele 1936 wurde erstmals ein Großereignis im Hörfunk in alle Welt ausgestrahlt. Der „Olympia-Weltsender Berlin“ hatte hierzu an allen Wettkampfstätten seine Mikrofone aufgestellt. Das Fernsehen diente als „Verstärker“ und wurde nicht im einzelnen Haushalt, sondern – in heutiger Ausdrucksweise - als „Public Viewing“ angeboten. Dethlefs wies zum Ende seines Vortrags auf eine bemerkenswerte Bildaussage auf Fotografien hin, die ausländische Reporter während ihres Aufenthalts bei Olympia 1936 zeigen: den Eindruck von Reserviertheit angesichts der gewaltigen Propagandamaschinerie des NS-Regimes.

Mit der Programmgeschichte und -überlieferung der Wortaufnahmen beschäftigte sich Georg Vorwerk. Bei der Nutzung des Großereignisses Olympische Spiele für ihre Zwecke überließen die Nationalsozialisten nichts dem Zufall. Alles wurde technisch und organisatorisch minutiös vorbereitet, „Markenzeichen“ wie die Olympische Hymne wurden eingeführt, der Organisationschef Carl Diem erfand den Fackellauf vom heiligen Hain in Olympia ins Stadion des Veranstaltungsorts Berlin, Leni Riefenstahl drehte über die Spiele den perfekten Propagandafilm, und 1936 erschien ein Olympiabuch mit Originaltönen auf Schellackplatten. Auf weit über 10.000 Platten wurden die Sommerspiele in Berlin und Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen mitgeschnitten. Erhalten sind heute noch insgesamt 145 O-Töne.

Jörg Wyrschowy, beim DRA verantwortlich für die Dokumentation der zu den Olympischen Spiele 1936 entstandenen und aufgeführten Musik, behandelte in seinem Referat Fanfaren, Hymnen und musikalische Massenrituale. In bemerkenswerten Tondokumenten präsentierte Wyrschowy die Olympiafanfare des Komponisten und späteren Generalleutnants Paul Winter, die vom Olympischen Komitee an Richard Strauss in Auftrag gegebene Olympiahymne „Völker, seid des Volkes Gäste“ (WoO AV119) und Beiträge zum eigens veranstalteten Olympischen Musikwettbewerb. Dass die im staatlichen Auftrag komponierte „Olympische Festmusik“ von Werner Egk (mit dem Text des bereits erwähnten Carl Diem) zum Sieger dieses „internationalen“ Wettbewerbs gekürt wurde, ist nicht überraschend.

Insgesamt brachte dieser Vormittag beim DRA in Wiesbaden höchst spannende Einblicke in die Erhaltung und Erschließung der historischen Dokumente der Olympischen Spiele vor siebzig Jahren und verdeutlichte im gelungenen Zusammenspiel der einzelnen Vorträge die umfassende Instrumentalisierung des Sportereignisses für die propagandistischen Ziele der nationalsozialistischen Machthaber.

Beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt am Main begrüßte Michael Crone, Leiter der Archive und Dokumentation, die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer, darunter die Präsidentin der deutschen Gruppe der AIBM, Susanne Hein. Crone überbrachte die Grüße des Programmdirektors des HR und hob das Bestreben des Vorstands der IASA-Ländergruppe hervor, stets „den Bogen zwischen Institutionen und privaten Sammlern zu schlagen“.

Kurt Deggeller, „Immediate Past President“ der internationalen IASA, richtete die Grüße des Executive Board aus und zeigte sich „immer wieder erfreut über die so gut funktionierende Ländergruppe“.

Die Vorträge dieses Nachmittags standen unter dem Schwerpunktthema Nachweisinstrumente historischer Tonträger und wurden von Franz Lechleitner vom Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften eröffnet, der über die Schallplattenproduktion in Österreich 1899-1945 referierte. Wegweisendes Datum in der Akustischen Ära war der 10. Dezember 1907, an dem in der k.u.k.-Zollverordnung der Satz für Platten und Walzen von 24 auf 150 Kronen pro 100 Kilogramm angehoben wurde. In der Folge errichteten zahlreiche ausländische Firmen Niederlassungen in Österreich. Die ersten, noch unveröffentlichten Aufnahmen der Elektrischen Ära entstanden 1926. Der sogenannte „Anschluss“ von Österreich an Nazideutschland im Jahr 1938 brachte die „Umorganisierung“ und entsprechende Ausrichtung aller Firmen.

Ingo Kolasa gab als Leiter des Deutschen Musikarchivs Berlin zunächst einen Überblick über die Sammlungen des DMA und berichtete vom Ziel des Aufbaus einer „tendenziell nationalen Schellackplattensammlung im Verbund mit anderen Partnern“. Von rund 147.000 Schellackplatten werden derzeit gut zwei Drittel in der Datenbank des DMA nachgewiesen. Nach einem Ausblick auf den künftigen Katalog der historischen Tonträger im Internet wandte sich Kolasa dem Thema Digitalisierung und Behandlung von Originalen zu. Er regte an, die Fülle technischer Details, die im Digitalisierungsprozess beachtet werden müssen, in einer eigenen Datenbank durch ein Gremium versierter Toningenieure zusammentragen zu lassen und dabei insbesondere das Knowhow älterer Kollegen in Bezug auf die technischen Besonderheiten historischer Tonträger zu nutzen.

In der anschließenden Diskussion im Plenum trat insbesondere die Forderung nach dauerhafter Aufbewahrung der Originale hervor. Hierdurch blieben sowohl die Option einer verbesserten Abtastung zu einem späteren Zeitpunkt als auch die Nutzung der aus dem Original entnehmbaren Sekundärinformation erhalten. Mehrere Tagungsteilnehmer wiesen auf die besondere Sachkompetenz des Technical Committee der IASA hin.

Rainer E. Lotz stellte sein neues Buchprojekt „Historische Plattenlabel“ vor und verband dies mit dem Votum, dass „Schallplattenetiketten als wichtige Informationsquelle nicht vernachlässigt werden dürfen“. Anhand zahlreicher teils äußerst rarer Beispiele zur „Ikonografie der Schallplattenlabel“ verdeutlichte er die Bedeutung des Plattenetiketts als Kaufanreiz, Informationsquelle und künstlerisches Objekt. Gemeinsam mit Michael Gunrem trägt Lotz seit Jahren Tausende von Labels zusammen und hat dabei besondere Problemkreise ausgemacht: Bei Bildplatten existiert ein verschärftes Mengenproblem, da jede anders aussieht. Zu „Phantomlabels“ gibt es Ankündigungen oder Gerüchte, aber nichts Greifbares. Eine ethische Frage ist schließlich, ob ein stark beschädigtes rares Etikett für die Abbildung im Buch „verbessert“ werden darf.

Eine Discographie im Aufbau präsentierte Fedor Hüneke, Duisburg, in seinem Vortrag Konpa.info – Datenbank populärer Musik Haitis im Internet. Nemours Jean-Baptiste und sein Ensemble, die „Erfinder“ dieser eigenständigen haitianischen Popmusik, begannen im Jahr 1955, einen “geradeaus laufenden Rhythmus“ (Compas direct , auf Kreolisch konpa-dirèk) zu spielen, der sich deutlich von der Musik des typischen Jazz-Orchesters abhob. Der Compas-Boom Ende der 1960er brachte auf Haiti viele Beat-orientierte „Mini-Jazz-Bands“ hervor. 1986 begann der Referent, sich mit dieser hierzulande selten gespielten und schwer zu beschaffenden Musik zu beschäftigen. Mit Unterstützung erfahrener Sammlerkollegen wie Helmut Otto begann Hüneke, seine Datenbank zu realisieren, die heute mit rund 2.400 Einträgen nach Insidermeinung bereits 80% aller veröffentlichten Compas-Musik abdeckt. Geplant ist neben der gegenwärtig englischsprachigen eine Version in französischer Sprache, die funktionale Erweiterung um sogenannte „Album-Seiten“ und die grafische Darstellung von Stilen und Strömungen auf einem Zeitstrahl mit Hörbeispielen.

Eine ganz besondere Überraschung erwartete die Tagungsteilnehmer dann am Abend. Unter fachkundiger Führung des Frankfurter „Schellack-Urgesteins“ Alexander Loulakis erlebten wir bei Brezeln und dem einen oder anderen Glas des Frankfurter Nationalgetränks eine feucht-fröhliche Stadtrundfahrt mit dem „Ebbelwei-Express“. Endstation war das Anwesen unseres charismatischen IASA-Kollegen, der es sich nicht nehmen ließ, uns mit Frankfurter Spezialitäten zu bewirten, während wir die zahlreichen Räume der legendären „Loulakis-Sammlung“ auf uns wirken lassen konnten. Alexander Loulakis, der schon am Vorabend der Tagung in seinem „Alten Zollhaus Heiligenstock“ ein großzügiger Gastgeber für die frühzeitig eingetroffenen Teilnehmer war, gebührt an dieser Stelle ein ganz besonderer Dank, verbunden mit den besten Wünschen für seine Gesundheit!

Die alljährliche Mitgliederversammlung eröffnete das Programm am Samstagmorgen. Wesentlicher Punkt der Tagesordnung war die „Stabübergabe“ des alten an den neuen Vorstand, dem an Stelle des langjährigen Schatzmeisters Klemens Helmholz und des stellvertretenden Vorsitzenden Reinhard Otto nun Anke Leenings und Ulrich Duve angehören. Ein herzlicher Dank der versammelten Mitglieder und des Vorstands der Ländergruppe begleitete die Herren Helmholz und Otto in den „IASA-Ruhestand“.

Gleich nach der Kaffeepause wurde Reinhard Otto wieder aktiv und stellte seinem Gesprächspartner Michael Crone „offene Fragen“, auf die dieser „kritische Antworten“ zu geben wusste. Der externe Nutzer und die ARD-Archive: Zwischen Dialog und Sprachlosigkeit? schnitt ein Thema an, das ein wirklicher „Dauerbrenner“ im Verhältnis von interessierten Privatsammlern und öffentlich-rechtlichen Rundfunkarchiven darstellt. Otto begann mit einer Typisierung der Sammler in „An-Sammler“ (die Alles und in möglichst großen Mengen anhäufen, verschließen und damit glücklich sind) und „Ver-Sammler“ (die sich gezielt mit Themen umgeben, an denen sie dann die Öffentlichkeit teilhaben lassen). Ottos bewusst als Sammlersicht zugespitzte Kritik, wonach in den Rundfunkarchiven der „Alzheimer-Faktor“ prägendes Merkmal sei („Vergessen ohne es zu bemerken“) beantwortete Crone mit dem Hinweis auf den „eindeutigen Auftrag der Produktionsarchive“, deren Anspruch es nicht sei, bestimmte Bereiche vollständig zu sammeln und zu dokumentieren. „Wir lieben Nutzer!“ laute das Credo der Rundfunkarchive, auch wenn deren Zielgruppe nicht in der externen Öffentlichkeit, sondern den zu versorgenden Redaktionen zu sehen sei.

Lebhaft und ausgiebig diskutierten die beiden „Kontrahenten“ und das Publikum zahlreiche Aspekte, von denen hier nur einige stichwortartig wiedergegeben werden können: Expertenrecherche der Rundfunkarchive für externe Nutzer; Öffnung von Archivdatenbanken und Medienprivileg; Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen Rundfunkanstalten und anderen Institutionen; Podcasting; das „Pfund“ der Programmgeschichte und das „Recht“ zur Kassation von Eigenproduktionen (Kulturgut); dokumentarisches Fachwissen: Suchstrategien statt Spezialwissen einzelner Fachgebiete. Zum Ende der spannenden Gesprächsrunde sprach sich Michael Crone in Übereinstimmung mit den Diskussionsteilnehmern dafür aus, diese Form des Austauschs weiter zu pflegen.

Der Frage „Lautarchive“ – nur noch Auslaufmodelle? ging nach der Mittagspause zunächst Kurt Deggeller nach. Seine Überlegungen, inwieweit die Pflege der Bestände eher als Katastrophenmanagement zu verstehen sei, verband er mit dem Aspekt der möglichen Gründung eines deutschen Blue Shield-Nationalkomitees, um zu verdeutlichen, dass nicht nur Bürgerkriege oder Naturkatastrophen in fernen Ländern eine Gefahr für das Kulturerbe der Menschheit darstellen, sondern auch hierzulande der Sicherung der Kulturgüter mehr Bedeutung beigemessen werden müsse. In seinem kurzweiligen Vortrag hob Deggeller besonders auf die Wichtigkeit einer fundierten Ausbildung gerade auf diesem Gebiet ab.

Susanne Ziegler referierte anschließend über das Berliner Phonogramm-Archiv heute, das dem Ethnologischen Museum Berlin zugehört und verdeutlichte, wie Lautarchive nicht nur wissenschaftlicher Erkenntnis dienen, sondern auch durch die Nutzung multimedialer Möglichkeiten ihre Forschungsergebnisse zeitgemäß präsentieren können. Nach zehnjähriger Arbeit stellte die Autorin anhand ausgewählter Beispiele ihr Buch „Die Wachszylinder des Berliner Phonogramm-Archivs“ vor, worin die 351 verschiedenen Walzensammlungen des Instituts mit insgesamt 30.000 einzelnen Tonträgern genau beschrieben sind. Zahlreiche historische Fotos und Skizzen zeigen überwiegend die Ausführenden sprechend, singend oder hörend vor den Phonographen. Dem Werk beigegeben ist eine CD-ROM mit 73 Tonbeispielen. Eines der nächsten zur Veröffentlichung kommenden Projekte des Berliner Phonogramm-Archivs wird die im Jahr 2007 auf DVD erscheinende Musikweltkarte sein.

Das Klaus-Kuhnke-Archiv im Spannungsfeld zwischen privater Initiative und öffentlichem Auftrag – eine Erfolgsgeschichte? fragte Ulrich Duve in seinem gemeinsam mit Peter Schulze verfassten Beitrag. Dass die Frage durchaus positiv beantwortet werden kann, liegt sicher auch an dem bemerkenswerten Passus in den Statuten der gemeinnützigen GmbH, wonach die „Benutzerfreundlichkeit des Archivs immer gewährleistet sein“ muss. Wenn eine Non-Profit-Einrichtung mit dem „Unternehmensziel Volksbildung“ auf mehr als 30 Jahre Arbeit im Sinne dieser Zielsetzung zurückblicken könne, sei wohl von einem „Erfolg“ auszugehen, so Duve.

Das Offene Forum zum Abschluss dieser Tagung eröffnete Herfrid Kier mit seinem Vortrag "Der fixierte Klang". Über den Dokumentarcharakter von Musikaufnahmen mit Interpreten klassischer Musik. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen stand Kiers neues Buch gleichen Titels, worin ausgedehnte Interviews mit dreizehn prominenten Musikschaffenden wie Elisabeth Schwarzkopf oder Yehudi Menuhin enthalten sind, die nach einem festgelegten Fragenkatalog zwischen 1995 und 1998 ihre persönlichen Ansichten und Erfahrungen mit der Schallplattenaufnahme offenbarten. Der Autor stand mehr als dreißig Jahre in Diensten der EMI und pflegte als deren Künstlerischer Direktor für das Klassikprogramm engen Kontakt zu den Großen der Musikszene.

Valerie Mohr, Grafikdesignerin aus Leipzig, stieß im Rahmen ihrer Diplomarbeit in einem Plattenladen auf Ansichtskarten mit aufgeprägter Tonrille und bei weiteren Recherchen im Deutschen Musikarchiv auf einen Schuhkarton, der weitere dreißig Exemplare solcher „SchallBildKarten“ enhielt. Von Künstlerkarten bis zur Werbung finden sich vielfältige Motive und Formate, für die die Referentin ein eigenes Album zur Archivierung der Träger entworfen hat. Des weiteren arbeitet sie gemeinsam mit Tom Cernohorsky, Webdesigner und Programmierer aus Leipzig, an der Publikation des „virtuellen Schallbildkartenarchivs“ im Internet. Für dieses anseh- und hörbare Archiv mit verschiedenen Suchfunktionen erhofft sie sich weiteren Zuwachs durch zahlreiche Einsendungen.

Sprechende Feldpostbriefe erweckte Franziska Stein, Deutsches Rundfunkarchiv Wiesbaden, zum Leben. Am Beispiel einer Feldpostsendung mit Schallfolie, die der deutsche Soldat Hillenbrand 1940 von der Front an seine Familie schickte, berichtete die Referentin, wie durch die Nachforschungen des DRA und mit Hilfe der von der in der Aufnahme angesprochenen Tochter Irmgard mitgebrachten Bilder und Lebensläufe die Kontextualisierung zur vollständigen Erschließung des Tonträgers führte.

Unser Schweizer Sammlerkollege Jürg König erfreute das Publikum wieder einmal mit einer klingenden Kuriosität der Schellackära und stellte rätselhafte Zauberplatten vor. In den Träger wurden statt einer Rille (mit etwa drei Minuten Laufzeit) eine oder mehrere zusätzlich geschnitten, sodass man nicht wissen konnte, bei welchem der nun natürlich kürzeren Stücke die Nadel aufsetzt. Die berühmteste dieser Rätselplatten war „Disco Verdiano“, eine zum 100. Geburtstag Verdis 1913 veröffentlichte Platte mit verschiedenen ineinander verschachtelten Arien. Auch Platten mit über Pferderennbahnathmosphäre gesprochenem unterschiedlichen Zieleinlauf, auf den gewettet werden konnte, und andere Sportereignisse kamen heraus. Und sechs unterschiedliche „Prophezeihungen für Damen oder Herren“ enthielt eine „Hellseherplatte" der Firma Odeon.

Claus Peter Gallenmiller lud die Tagungsteilnehmer zum 8. Discografentag unter dem Motto „Europas Töne zum Klingen bringen“ vom 18.-20.05.2007 nach Immenstadt im Allgäu ein. Der Schwerpunkt der Tagung liegt auf der Restaurierung historischer Tonträger. In zwei Workshops finden Firmenpräsentationen zum Thema Restaurierungssoftware und zu deren praktischer Anwendung statt. Zu den Referenten gehören Wolfgang Schneidereit, Rainer E. Lotz und der finnische IASA-Kollege Pekka Gronow.

Als Fazit der Jahrestagung 2006 lobte Michael Crone „die Fülle hochinteressanter Vorträge und spannender Diskussionen“ und lud zum nächsten Treffen der IASA-Ländergruppe für das zweite Novemberwochenende 2007 nach Bremen zum Klaus-Kuhnke-Archiv ein. Der Versand der Einladungen und des vorläufigen Programms erfolgt im Laufe des Sommers 2007.

Detlef Humbert
Sekretär der IASA-Ländergruppe Deutschland/Deutschschweiz e. V.